Logisches Denken verwirklicht sich im
Sprachgebrauch. So sind die Begriffs-
und Aussagenlogik klassische Zweige der Logik. Die Alltagssprache
führt aber ein Eigenleben.
Eine Aussage besteht im Kern aus Subjekt und Prädikat, die in
Relation zueinander gesetzt werden. Sei S das Subjekt und P das
Prädikat, so sind Sätze wie „Alle S sind
P“, „S ist größer als
P“, „Manche S unterliegen P“ kategorische
Aussagen. Auf diesen aufbauend werden in der Begriffslogik Syllogismen
gebildet. Ein solcher kann lauten: „Alle Menschen sind
Lebewesen“ (Obersatz), „Alle Lebewesen sind
sterblich“ (Untersatz), daraus folgt: „Alle
Menschen sind sterblich“ (Konklusion). Logisch sind hierbei
alle zwingend gültigen Konklusionen und nicht
zufälligerweise wahren und schon mal gar nicht falsche
Schlüsse.
Von der Begriffs- zur Aussagenlogik
Im Sprachgebrauch werden aber auch Relationen zwischen Aussagen
gemacht, wie beim Satz „Das Essen ist weder warm, noch ist es
gewürzt“, wobei „weder ... noch“
die Nicht-Oder-Relation repräsentiert, während
„Das
Essen ist warm“ und „Es ist
gewürzt“ die verknüpften Aussagen sind.
Nachstehend vier gängige Relationen:
Die Befassung mit Aussagenrelationen ist die Domäne der
Aussagenlogik. Um die Gültigkeit der zusammengesetzten
Gesamtaussage zu bestimmen, also der Logik genüge zu tun, muss
bekannt sein, ob die Teilaussagen wahr sind. Wenn z. B. die
Äpfel faktisch weder grün noch rot sind, dann wird
die Disjunktion niemals wahr. Existiert wenigstens ein grüner
Apfel, so wird der erste Teilsatz wahr und somit auch die
Gesamtaussage. Bei der Konjunktion hingegen müssen immer beide
Teilaussagen wahr sein, damit diese auch für die Gesamtaussage
gilt.
Vollständige Erschließung der
Aussagenrelationen
durch Wahrheitswertverlauf
Die Beispiele genügen, um zu verdeutlichen, dass je nach
vorliegender Relation sich unterschiedliche Anforderungen an die
Wahrheitswerte der Teilaussagen ergeben, damit die Gesamtaussage wahr
wird. Dies kann systematisiert werden, indem wahre Aussagen mit W bzw.
falsche mit F abgekürzt werden und für alle
W/F-Kombinationen W bzw. F der Gesamtaussage bestimmt wird. Schreibt
man die Kombinationen und die abgeleiteten W- bzw. F-Werte dahinter, so
ergibt sich für die Konjunktion das folgende Schema:
Die hinter
⇒ stehende Abfolge der W/F-Werte, hier WFFF, wird
Wahrheitswertverlauf genannt. Für die Konjunktion
heißt dies, dass sobald eine Teilaussage falsch ist, die
Gesamtaussage nicht wahr werden kann. Weitere typische Verläufe
ausgehend von der stets selben Abfolge der Kombinationen sind:
Disjunktion: WWWF, Äquivalenz: WFFW, Kontravalenz FWWF,
Implikation: WFWW, Nicht-Oder: FFFW; Nicht-Und: FWWW, Inhibition: FWFF.
Da fehlt doch noch etwas: logische Denkgesetze
Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgehen, dass die Verläufe
WWFF, WFWF, FWFW, FFWW, FFFF und WWWW fehlen. Die letzten beiden
können leicht definiert werden. Es handelt sich um
Gesamtaussagen, die immer F bzw. kontradiktorisch
(widersprüchlich) respektive immer W bzw. tautologisch
(wiederholend) sind. Beispiele sind:
Voraussetzung
ist demnach, dass die Teilaussagen Variationen ein und
derselben Grundaussage und nicht wie sonst verschiedenen Inhalts sind.
Diese beiden Aussageformen sind grundlegend für die Definition
der Logik, da sie die Bedingungen aufzeigen, wann Aussagen zwingend
falsch oder wahr sind. Entsprechend ist die Kontradiktion zwingend
unlogisch, woraus der Satz des ausgeschlossenen Widerspruchs als
logisches Grundgesetz resultiert: Es kann nicht sein, dass etwas
zugleich eine Eigenschaft hat und sie zugleich nicht hat. Die
Tautologie ist umgekehrt in jedem Falle logisch und findet ihren
Niederschlag im Satz vom ausgeschlossenem Dritten: Etwas hat eine
Eigenschaft oder es hat sie nicht; ein Dazwischen (das Dritte) gibt es
nicht.
Nicht nur der Vollständigkeit wegen: Satz
der
Identität und Negation
Was ist nun mit WWFF, WFWF, FWFW und mit FFWW als Output? Nun, dies ist
noch einfacher. Die beiden ersten sind mit den vorgegebenen
Wahrheitswertverläufen für die elementaren Aussagen
identisch, also kann sich dahinter jeweils auch nur Ausgangsaussage
verbergen, mag sie auch durch mehrere verschachtelte Aussagen verdeckt
sein. Auch hier hinter verbirgt sich ein logisches Grundgesetz, der
Satz der Identität: Zwei im Endeffekt von einander
ununterscheidbaren Dinge müssen Dasselbe sein. Hingegen sind
FWFW und FFWW nichts weiter als die Negation der ersten Aussage, denn
bekanntlich ist „nicht falsch“ wahr und
„nicht wahr“ falsch.
Fragwürdiger Nutzen für die
Praxis
So schön die vollständige Herleitung aller
Aussagenverbindungen ist, so wenige von diesen werden in der Praxis
überhaupt und falls, dann auch richtig, verwendet.
Insbesondere wird gerne die Disjunktion, das vereinigende
„oder“ mit der Kontravalenz, dem exklusiven
„oder“ verwechselt. Aus dem Kontext ergibt sich
freilich, was gemeint ist. Sagt der Kellner zum Beispiel
„Für einen Euro bekommen Sie eine Kugel Eis oder
eine Extrabeilage auf die Pizza“, dann ist es zwar der Form
nach die Disjunktion, also man bekäme im Zweifel beides, aber
gemeint ist, dass man zwischen Alternativen wählen muss, also
die Kontravalenz. Für andere Formen, wie die Inhibition findet
man schwerlich Alltagssituationen, in denen diese Relation zutrifft.
Versuchen Sie es einmal!
Der Mensch ist keine logische Maschine
Und so waltet und schaltet die formale Logik in ihrem Elfenbeinturm,
während die Alltagssprache sich fernab formallogischer
Ergüsse flexibel für die Anforderungen des Lebens
zeigt. Dies soll nicht heißen, alltägliches Denken
und Handeln, dessen Instrument die Sprache ist, sei unlogisch. Die
genannten logischen Denkgesetze sind, so verweist die Psychologie mit
Recht darauf, nun einmal dem menschlichen Denken immanent. Dennoch
passieren Denkfehler und Missverständnisse, aber der Mensch
ist ja schließlich keine Maschine. Umgekehrt hat die formale
Logik ihren vortrefflichen Sinn und Nutzen in mechanistischen Systemen,
also der Informatik, Kybernetik, bei der Maschinen- und
Robotersteuerung usw., also dann, wenn exakte Parameter vorgegeben sind
und die Systeme nur bei widerspruchsfreier Programmierung ablaufen.
Daher dürfen sich die Logiker ihrer reinen
Rationalität erfreuen, solange sie die Flexibilität
und Geschmeidigkeit des gewöhnlichen Sprachgebrauchs
anerkennen und nicht besserwisserisch den Finger heben.
Schließlich ist die Welt nicht schwarz-weiß und die
scharfe Trennung zwischen wahr und falsch eine Utopie, wie
die nie enden wollenden philosophischen Diskussionen vermitteln.
Autor: Dipl.-Bw. (FH) Michael Zabawa
Erschienen: Januar 2012
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